Rechtsstaat adé? Kontrollen und Zurückweisungen an deutschen Grenzen

Bayerischer Flüchtlingsrat kritisiert die angekündigte Verschärfung von Kontrollen und Zurückweisungen an der Grenze und fordert Ende der Abschottung

Friedrich Merz und der neue Innenminister Alexander Dobrindt hatten angekündigt, bei Regierungsübernahme die Grenzkontrollen zu intensivieren und Schutzsuchende bereits an der Grenze abzuweisen, ohne ihr individuelles Asylgesuch zu prüfen. Der Bayerische Flüchtlingsrat verurteilt dieses Vorhaben aufs Schärfste. Ein solches Vorgehen stellt einen schweren Angriff auf rechtsstaatliche Prinzipien dar und verletzt die internationalen Verpflichtungen Deutschlands im Bereich des Flüchtlingsschutzes. Denn sobald eine Person an der Grenze ein Asylgesuch äußert, darf sie internationalem und europäischem und nationalem Recht zufolge nicht zurückgewiesen werden.

Bereits jetzt gibt es Berichte Betroffener, die trotz Asylgesuch an den bayerischen Grenzen zurückgewiesen wurden. Aber vor allem die Zahlen von ‚unerlaubten‘ Einreisen und dem Verhältnis von Asylantragstellungen und Zurückweisungen werfen Fragen auf: Obwohl die Mehrheit der ‚unerlaubten‘ Einreisenden aus den Hauptherkunftsländern Ländern wie Afghanistan, Syrien oder der Türkei kommen, äußern angeblich weniger als die Hälfte davon ein Asylgesuch.


Die Annahme, dass Beamt*innen der Bundespolizei in der Vergangenheit Asylgesuche ‚überhört oder verhindert’ haben, liegt nahe“, so Katharina Grote vom Bayerischen Flüchtlingsrat. „Es ist alarmierend, dass praktizierte Rechtsbrüche nun politisch legitimiert und damit schein-legalisiert werden sollen. Denn diese Maßnahmen betreffen Menschen, die hier Schutz suchen, und denen dafür ein rechtssicheres Verfahren gewährt werden muss“, so Katharina Grote vom Bayerischen Flüchtlingsrat.


Erst am 17. März 2025 hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (10 BV 24.700) festgestellt, dass die seit 2015 dauerhaft verlängerten Binnengrenzkontrollen an der deutsch-österreichischen Grenze in dem konkreten Fall rechtswidrig waren. Das Gericht betonte dabei, dass der Schengener Grenzkodex eine kontinuierliche Verlängerung ohne neue Gefahrenlage nicht zulässt.

„Wir erwarten von der Bundesregierung, dass sie sich an geltendes Recht hält und Urteile, wie das des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs, respektiert. Rechtsprechung ist keine Option, sondern bindend und muss umgesetzt werden“, so Grote weiter. „Wenn die Bundesregierung ihr erklärtes Ziel einhalten und Fluchtmigration steuern will, muss sie Maßnahmen ergreifen, die legale und sichere Zugangswege sicherstellen. Dazu gehören schneller und erweiterter Familiennachzug sowie humanitäre Aufnahmeprogramme. Eine reaktionäre Abschottungspolitik wie diese führt zu Chaos, untergräbt den Rechtsstaat und befeuert rechtspopulistische Diskurse.“