Rigorose Abschiebungen in den Irak

Bayerischer Flüchtlingsrat kritisiert die Abschiebungen in den Irak: Auch Jesid:innen und Menschen in Arbeit sind betroffen

Am 14.03.24 ist erneut ein Sammelcharter ab Frankfurt in den Irak geplant. Seit Mitte 2023 gibt es keine Einschränkung mehr bei Abschiebungen in den Irak. Seither können nicht nur Straftäter, sondern alle Personengruppen in den Irak abgeschoben werden.

Auch die Minderheit der Jesid:innen oder anderen vulnerablen Personengruppen wie Frauen, Kinder oder Kranke sind betroffen. Während einige Bundesländer wie NRW oder Thüringen zumindest einen temporären Abschiebestopp für jesidische Frauen und Mädchen erlassen haben, schiebt Bayern mit besonderer Härte ab. Vor allem die Zentralen Ausländerbehörden (ZAB) Schwaben und Oberfranken sowie das Landratsamt Landshut fallen sehr negativ auf.

Immer wieder erhalten wir Kenntnis von Fällen, die trotz Interventionen an das Bayerische Innenministerium abgeschoben wurden. Zum Beispiel wurde im Oktober 2023 eine sechsköpfige jesidische Familie abgeschoben, die seit 2018 in Deutschland leben und damit die zeitlichen Voraussetzungen für ein Bleiberecht erfüllt hätten.  Die ZAB Schwaben ließ am 01.03.2023 eine jesidische Person im Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) verhaften, die zur Folgeantragstellung dort vorsprach. Diese Person befindet sich seither in Sicherungshaft. Den Folgeantrag kann die Person somit nicht mehr begründen.

 „Die vielen negativen BAMF Entscheidungen bei Jesid:innen sind für uns absolut nicht nachvollziehbar. Obwohl Deutschland seit 2023 den Völkermord an Jesid:innen anerkennt, führt dies nicht zu Anerkennungen im Asylverfahren. Hier erwarten wir dringend eine Überprüfung der abgelehnten Asylanträge“, fordert Jana Weidhaase vom Bayerischen Flüchtlingsrat. „Das Bayerische Innenministerium beruft sich bezüglich Abschiebungen auf die Entscheidungen des BAMF. Letztlich liegt der Vollzug einer Abschiebung auch in der Verantwortung des Innenministeriums. Während andere Bundesländer aufgrund der verheerenden Situation für Jesid:innen im Irak einen Abschiebestopp beschließen, schiebt Bayern ab. Das ist vollkommen inakzeptabel. Bayern muss dringend einen Abschiebestopp für Jesid:innen beschließen“.

Die bayerische Abschiebepraxis trifft nicht nur Jesid:innen. In Bayern leben rund 5000 Geduldete mit irakischer Staatsangehörigkeit. Viele von ihnen befinden sich in Arbeit, doch seit einigen Monaten entziehen Ausländerbehörden, wie wir bereits am 11.12.2023 berichteten, im großen Stil Arbeitserlaubnisse. Auch Personen die erfolgreich zur Schule gehen oder eine Ausbildungszusage haben, sind bedroht.

Erst vergangene Woche wurde Herr M.A. verhaftet, als er einen Termin bei der ZAB Oberfranken wahrnehmen wollte, um Unklarheiten zu seiner Beschäftigungserlaubnis zu besprechen. Obwohl er sich erfolgreich auf dem Weg zum Mittelschulabschluss befand, eine Nebentätigkeit ausführte und einen Ausbildungsplatz hatte, wurde er in den Irak abgeschoben.

„Motivierte Schüler:innen, Personen mit Ausbildungszusage und Menschen in Arbeit abzuschieben, ist absurd und nicht nachvollziehbar. Anstatt hier auf eigenen Füßen stehen und ein selbstbestimmtes Leben führen zu dürfen, werden sie in Verfolgung und Perspektivlosigkeit zurückgeschickt“, so Franziska Schmid vom Bayerischen Flüchtlingsrat. „Mit dieser rigorosen Abschiebepraxis handelt das Innenministerium weder menschlich noch logisch“.