Abschiebehaft statt Unterricht!

Nürnberger Berufsschüler soll kurz vor der Zwischenprüfung abgeschoben werden

Am Donnerstag, 11. Juli 2019 in den frühen Morgenstunden, geht eine Verhaftungswelle durch Nürnberg bzw. Bayern. Eine Vielzahl von ghanaischen jungen Menschen wird von der Polizei gesucht, verhaftet und zum Flughafen gebracht. So auch der 20-jähriger Abdul B. Abdul wohnt in einem pädagogisch betreuten Wohnheim für junge Geflüchtete, die als unbegleitete Minderjährige nach Deutschland gekommen sind. Dort befindet er sich auch, als nachts plötzlich die Polizei vor ihm steht um ihn zu verhaften. Völlig panisch wehrt er sich, die Abschiebung wird vorerst abgebrochen. Abdul sitzt nun in Abschiebhaft am Münchner Flughafen.

Für Abdul und seine Betreuer*innen ist die Verhaftung ein Schock – macht er doch in Nürnberg eine schulische Ausbildung zum Ausbaufacharbeiter mit Schwerpunkt Trockenbau. Abdul ist seit mehr als 3 Jahren in Deutschland, hat einen Mittelschulabschluss und spricht sehr gut deutsch. In ein paar Wochen könnte er die Zwischenprüfung, in einem Jahr die Gesellenprüfung abgelegen. Die Berufsschule geht aufgrund seiner Leistungen davon aus, dass Abdul diese bestehen wird. „Als Initiative ‚Bildung statt Abschiebung‘ sind wir sehr entsetzt darüber, dass die Zentrale Ausländerbehörde ihren Ermessensspielraum nicht dafür einsetzt, wie es doch auch vom Innenministerium formuliert worden ist! Für best integrierte, leistungsfähige und leistungswillige junge Menschen, die regelmäßig ihrer Ausbildung nachgehen, sollten deutliche Ermessensspielräume gegeben werden und nicht nur auf die Abschiebung gesetzt werden,“ kritisiert Barbara Bach von der Fürther Initiative ‚Bildung statt Abschiebung‘. „Was könnte dieser junge Mensch unserer Gesellschaft alles bringen, vor allem in Zeiten von massivem Fachkräftemangel in vielen Arbeitsbereichen, wie hier z.B. im Bau?!“

Nach mehreren Versuchen, junge Leute aus Schule und Ausbildungen heraus abzuschieben, gab es in letzter Zeit einige zaghafte positive Signale aus der bayerischen Politik. So sollten Ausbildungen und Integrationsleistungen mehr gewürdigt werden. Die Zentralen Ausländerbehörden wurden Ende Juni in einem Gespräch mit dem Innenministerium dazu angehalten, die Hinweise aus der letzten Innenministeriellen Weisung einheitlich anzuwenden. Diese beinhaltet Erleichterungen für Geflüchtete vor, in oder nach der Ausbildung. „Entweder hat das Innenministerium seine Zugeständnisse wieder vergessen oder die Ausländerbehörden gehen noch immer sehr unterschiedlich und willkürlich vor,“ so Johanna Böhm, Mitarbeiterin des Bayerischen Flüchtlingsrats. „Schüler*innen aus der Ausbildung zu reißen, ist neben wirtschafts- und bildungspolitischem Unsinn vor allem eines: menschenverachtend! Der Schaden des bayerischen Abschiebeirrsinns ist hoch. Das Trauma einer Abschiebung ist für die Betroffenen oftmals irreversibel. Regelmäßig lassen Abschiebungen und Abschiebungsversuche verunsicherte Klassen oder verängstigte Mitbewohner*innen in Jugendhilfseinrichtungen zurück.“

Abduls Jugendwohngruppe, Schulkasse und Klassenlehrer sowie weitere Unterstützer*innen setzen sich in Briefen und Appellen gegen die Abschiebung ein. Sie alle fordern, dass Abdul seine Ausbildung zu Ende machen kann.