Bayerische Behörde schürt Angst vor Abschiebungen nach Afghanistan

Zentrale Ausländerbehörde Schwaben verweigert Arbeitserlaubnisse, da Abschiebungen nach Afghanistan nur vorübergehend ausgesetzt seien / Flüchtlingsrat: Realitätsverlust im Amt!

Die Taliban haben die Macht in Afghanistan übernommen. Tausende Menschen versuchen verzweifelt das Land zu verlassen oder verstecken sich vor den Taliban. Es gibt bereits Berichte über Hinrichtungen, Inhaftierungen und Verschleppungen von Afghan:innen durch die Taliban. Zudem gehen dem Land Nahrungsmittelhilfen aus – mehr als die Hälfte der Bevölkerung ist akut von Hunger bedroht. Die Bundesregierung hat, wie alle westlichen Staaten, ihre Evakuierungsmission von deutschen Staatsbürger:innen und Afghan:innen, die gefährdet sind, beendet. Eine große Zahl gefährdeter Menschen mit und ohne Aufnahmezusage für Deutschland wartet jedoch noch immer auf ihre Ausreise.

Nun könnte man meinen, dass die bayerischen Ausländerbehörden ihre Beratungspflicht ernst nehmen, in dieser Situation geduldete Geflüchtete aus Afghanistan auf die Möglichkeit eines Folgeantrags hinweisen und großzügig Duldungen und Arbeitserlaubnisse wegen fehlender Ausreisemöglichkeit erteilen. Doch weit gefehlt:

Die Zentrale Ausländerbehörde (ZAB) Schwaben verschickt gerade Schreiben an geduldete Afghanen mit der Information, dass ihnen zwar eine Duldung für drei Monate erteilt wird. Gleichzeitig wird jedoch die beantragte Arbeitserlaubnis abgelehnt: „in Bezug auf den Antrag auf Beschäftigungserlaubnis, teilen wir Ihnen mit, dass wir beabsichtigen den Antrag abzulehnen. Die Abschiebungen nach Afghanistan sind bisher nur vorübergehend ausgesetzt, ein genereller Abschiebstopp wurde indes noch nicht verhängt. (…) Aus diesen Gründen besteht seitens Ihres Mandanten als vollziehbar ausreisepflichtiger Ausländer nach wie vor eine negative Bleibeperspektive“ (ZAB Schwaben in einem Schreiben vom 23.08.2021 an eine Anwältin).

Die ZAB Schwaben hält weiter an der Illusion fest, es gebe sichere Gebiete in Afghanistan, in die man bald wieder Geflüchtete abschieben könne. Sie verweigert vollständig die Realität, dass es auf absehbare Zeit in Afghanistan unter Kontrolle der Taliban keinen sicheren Ort geben wird, an denen Abgeschobene gefahrlos zurückkehren können.

Die ZAB Schwaben könnte großzügig und unbürokratisch Arbeits- oder Ausbildungserlaubnisse erteilen, um Menschen Zukunftsperspektiven zu geben, die noch viele Jahre bei uns bleiben werden. Doch stattdessen schürt sie bei geduldeten Afghanen völlig unnötig Panik vor der Abschiebung“, kritisiert Stephan Dünnwald, Sprecher des Bayerischen Flüchtlingsrats. „Die ZAB Schwaben leidet ganz offensichtlich unter Realitätsverlust. Wären da keine gutbezahlten Jurist:innen tätig, könnte man noch Unwissenheit unterstellen. Doch dieses ablehnende und ignorante Behördenhandeln wirkt fast so, als hätte jemand daran sadistische Freude. Abschiebungen nach Afghanistan waren schon vor der Machtübernahme durch die Taliban akut lebensbedrohlich, jetzt sind sie es erst recht!“