Betroffener homofeindlicher Gewalt soll abgeschoben werden

B.U.D. und der Bayerische Flüchtlingsrat setzen sich für einen Betroffenen homofeindlicher Gewalt ein, der akut von einer Abschiebung bedroht ist.

Am Mittwoch, 25.10., erscheint der Betroffene Haul bei der Ausländerbehörde, um seine Duldung zu verlängern. Doch stattdessen erwartet ihn dort die Polizei, die ihn direkt nach Hof bringt, wo er sich seitdem in Ausreisegewahrsam befindet. Die Aussicht, in den nächsten Tagen in sein Heimatland abgeschoben zu werden, ist für den Iraker lebensbedrohlich. Haul ist homosexuell und wurde deswegen bereits bedroht und körperlich angegriffen. Er ist infolgedessen psychisch erkrankt und stark belastet.

„Den Betroffenen unter diesen Umständen in den Irak abzuschieben ist unverantwortlich und für ihn lebensgefährlich“, sagt Anna Reimann von B.U.D. „Den staatlichen Stellen kann es vor dem Hintergrund der aktuellen politischen Entwicklung, darunter die AfD-Wahlergebnisse und die vom Kabinett verabschiedeten verschärften Asyl-Regelungen, offenbar nicht schnell genug gehen. Der Fall von Haul zeigt, was die unmenschlichen Verschärfungen im Einzelfall bedeuten können.“

B.U.D., die bayernweite Beratungsstelle für Betroffene rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt, begleitet und unterstützt Haul seit April 2022. Anlass war ein Angriff im November 2021, als zwei Iraker ihn zunächst homofeindlich beleidigten und schließlich angriffen, wogegen sich der Betroffene zur Wehr setzte. Haul lebt seitdem in ständiger Angst vor weiteren Angriffen. Außerhalb eines geschützten Rahmens hat Haul bislang mit niemandem über seine Homosexualität gesprochen, da das Thema für ihn extrem schambehaftet und mit massiven Ängsten verbunden ist. B.U.D. erlebte den Betroffenen während des Beratungsverhältnisses durchweg als psychisch sehr belastet. Zweimal war eine Krisenintervention wegen akut suizidaler Gedanken notwendig. Wegen diagnostizierter Depression und einer Posttraumatischen Belastungsreaktion wird Haul medikamentös therapiert.

B.U.D. und der Bayerische Flüchtlingsrat haben die große Sorge, dass der Betroffene im Irak aufgrund seiner Homosexualität um seine körperliche Unversehrtheit und sein Leben fürchten muss. Zudem gilt seit kurzem eine Reisewarnung für den Zentral-Irak. Hinzu kommt die Befürchtung, dass er sich aufgrund der immensen psychischen Belastung durch die drohende Abschiebung selbst gefährdet. Die Verzweiflung des Betroffenen ist groß: „Die Unsicherheit und Sorgen belasten mich stark. Niemand kann wirklich nachvollziehen, wie ich mich gerade fühle.“

B.U.D. und der Bayerische Flüchtlingsrat fordern die Behörden daher dringend auf, die Abschiebung aus humanitären Gründen auszusetzen! Hauls Anwalt hat nun einen Asylfolgeantrag aufgrund drohender Verfolgung wegen Homosexualität gestellt. Dieser muss vor jedem weiteren Schritt zunächst geprüft werden und diese Prüfung vollständig abgeschlossen sein.

In diesem Zusammenhang kritisieren wir auch die Vorgehensweise der Behörden aufs Schärfste, die leider kein Einzelfall ist: Wir erleben es immer wieder, dass Betroffene unter Angabe falscher Gründe in eine Behörde geladen werden, um dann ohne jede Vorwarnung in Abschiebehaft bzw. Ausreisegewahrsam zu landen. „Die Behörden erwarten zu Recht, dass Asylbewerber:innen mit ihnen kooperieren und entsprechende Termine wahrnehmen“, so Franziska Sauer vom Bayerischen Flüchtlingsrat. „Dass diese Kooperationsbereitschaft dann die schlimmstmögliche Konsequenz für die Betroffenen haben kann, ist perfide.“

Unterstützt werden unsere Forderungen auch vom Lesben- und Schwulenverband in Bayern (LSVD Bayern) und vom Augsburger Flüchtlingsrat.