Das Corona-Impfkonzept ist ausbaufähig

Bayerischer Flüchtlingsrat: Bayern hat sich eine große Zahl von Corona-Infektionen durch große Lager selbst eingebrockt. Jetzt sind auch große Anstrengungen bei den Impfungen nötig

Am 29.3.2021 hat das bayerische Innenministerium das Impfkonzept für Unterkünfte für Geflüchtete in Bayern veröffentlicht. Es sieht vor, dass Geflüchtete in ANKER-Zentren und den wenigen Unterkünften für vulnerable Personen vor Ort geimpft werden sollen. Dasselbe gilt für Geflüchtete in Unterkünften mit mehr als 150 Bewohner:innen, sofern sich mindestens 50 von ihnen impfen lassen wollen. Haupt- und ehrenamtliche Flüchtlingsberater:innen sollen nur vor Ort mitgeimpft werden, wenn sie bei der Aufklärung und Beratung zur Impfung mithelfen. Geflüchtete aus allen anderen Unterkünften sollen sich grundsätzlich eigenständig für eine Impfung anmelden, entweder online oder telefonisch beim Impfzentrum oder ab April bei ihren Hausärzt:innen.

Geflüchtete sind in ihren Unterkünften einer hohen Corona-Infektionsgefahr ausgesetzt. Sie leben dort mit vielen anderen Menschen zusammen, teilen sich Küchen, Toiletten und Waschräume und sind deshalb nicht in der Lage, Sicherheitsabstände einzuhalten. Zudem haben sie keinen Einfluss auf ihren Wohnort, sondern wurden von der bayerischen Staatsregierung gesetzlich dazu verpflichtet, in diesen Unterkünften zu leben.

Impfung in ANKER-Zentren

Der Bayerische Flüchtlingsrat begrüßt es deshalb, dass zumindest die Geflüchteten in ANKER-Zentren vor Ort geimpft werden. Hier ist es auch zwingend notwendig, denn Bayern hat zur Abschreckung von Geflüchteten diese Großlager eingerichtet und muss nun auch alles dazu beitragen, die dort untergebrachten Geflüchteten vor weiterem Schaden zu schützen.

Impfung in großen Flüchtlingsunterkünften

Dass die Vor-Ort-Impfung bei den Gemeinschaftsunterkünften auf solche mit mehr als 150 Bewohner:innen beschränkt wird, wobei von ihnen mindestens 50 Geflüchtete auch impfbereit sein müssen, ist eine Ausgeburt an Bürokratie und eine unzulässige Einschränkung. Auch diese Menschen müssen vor Ort unbürokratisch geimpft werden, um schnell weitere Masseninfektionen und die damit einhergehenden Kettenquarantänen zu vermeiden. Dabei sollte auch allen haupt- und ehrenamtlichen Flüchtlingsberater:innen ein Impfangebot gemacht werden, wenn sie in den Unterkünften vor Ort tätig sind. Denn auch sie sind aufgrund der örtlichen Gegebenheiten nicht in der Lage, Mindestabstände einzuhalten und sollten deshalb mit dem Personal der Unterkunftsverwaltung gleichgestellt werden.

Impfung in kleineren Unterkünften

Alle anderen Geflüchteten in den verbleibenden Unterkünften auf eine „grundsätzlich eigenständige Anmeldung“ zu verweisen, ist allerdings völlig unangemessen. Auch sie haben keinen Einfluss auf ihre Unterbringung und sollten deshalb massiv bei der Impfung unterstützt werden. Zwar mag es ökonomisch sinnvoll sein, die Geflüchteten in die Impfzentren zu bringen, statt das Impfzentrum in die Unterkunft. Das sollte jedoch in jedem Fall von den Unterkunftsverwaltungen angestrebt werden, auch um Schwierigkeiten bei der Anmeldung bei den Impfzentren zu vermeiden. Denn die Online-Plattform der Bayerischen Impfzentren zur Registrierung ist nur auf Deutsch verfügbar, was für viele Menschen eine enorme Hürde darstellt.

Maßnahmen für eine Erhöhung der Impfbereitschaft

Weiterhin rät der Bayerische Flüchtlingsrat dringend, die Information über die Coronaimpfungen nicht nur mit Aushängen in den Unterkünften zu regeln, sonst droht, dass die Impfbereitschaft niedrig ist. Zum einen allein deshalb, weil die Impfungen „vom Staat“ organisiert werden. Hier herrscht bei den meisten Geflüchteten schon ein Grundmisstrauen gegenüber allen behördlichen Mitteilungen, weil sie selten Gutes verheißen. Zum anderen sind Aushänge allein nicht barrierefrei – etwa für sehbehinderte Geflüchtete oder Analphabet:innen. Die Geflüchteten sollten, so irgend möglich, von Vertrauenspersonen angesprochen und informiert werden.

Bayern bringt eine große Zahl von Geflüchteten in Sammellagern unter und setzt sie damit einem massiven Infektionsrisiko aus“, kritisiert Alexander Thal, Sprecher des Bayerischen Flüchtlingsrates. „Die Vor-Ort-Impfungen müssen deshalb in deutlich mehr Unterkünften angeboten werden als im Impfkonzept angestrebt. Zudem muss bei der Organisation unbedingt mitgedacht werden, dass Geflüchtete von staatlichen Stellen selten Gutes erwarten. Deshalb müssen dringend Vertrauenspersonen der Geflüchteten, seien es haupt- und ehrenamtliche Flüchtlingsberater*innen oder Menschen, die muttersprachlich über die Impfungen informieren können, eingebunden werden, um eine hohe Impfbereitschaft zu erreichen!