Sozialleistungen für Geflüchtete verfassungswidrig

Bundesverfassungsgericht erklärt abgesenkte Sozialleistungen für alleinstehende Geflüchtete in Sammelunterkünften für verfassungswidrig. Flüchtlingsrat: Asylbewerberleistungsgesetz sofort abschaffen!

Im Jahr 2019 wurde von der damaligen großen Koalition das Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) erneut verschärft: Alleinstehenden Geflüchteten in Sammelunterkünften wurde unterstellt, sie könnten gemeinsam wirtschaften und dadurch Einspareffekte erzielen. Deshalb wurden ihnen die Sozialleistungen um 10 % gekürzt.

Das Bundesverfassungsgericht hat heute entschieden, dass diese Absenkung verfassungswidrig ist und erklärt: „Es ist nicht erkennbar, dass in den Sammelunterkünften regelmäßig tatsächlich Einsparungen durch gemeinsames Wirtschaften erzielt werden oder werden können, die eine Absenkung der Leistungen um 10 % tragen würden“ (s. BVerfG, Beschluss vom 24.11.2022, AZ: 1 BvL 3/21). Bis zu einer Neuregelung durch den Gesetzgeber müssen den Geflüchteten die vollen Leistungen ausbezahlt werden.

Der Bayerische Flüchtlingsrat begrüßt den heutigen Beschluss des Bundesverfassungsgerichts und sieht sich in seiner Kritik am AsylbLG gestärkt. Er kritisiert jedoch folgende Punkte:

  • Der Beschluss bezieht sich nur auf Bezieher*innen sogenannter Analogleistungen nach §2 AsylbLG, also auf Geflüchtete, die seit mindestens 18 Monaten in Deutschland leben. Alle anderen sind von dem Beschluss nicht umfasst.
    Geflüchtete, die noch die Grundleistungen nach §3 AsylbLG bekommen, dürfen nicht benachteiligt werden und müssen ebenfalls die vollen Leistungen bekommen!
  • Der Beschluss des BVerfG behebt zwar die Ungerechtigkeit, dass alleinstehende Geflüchtete in Sammelunterkünften im Vergleich zu Alleinstehenden, die anders untergebracht sind, benachteiligt werden. Er ändert jedoch nichts daran, dass volljährige Geflüchtete nach dem AsylbLG fast 20 % weniger Sozialleistungen bekommen, als andere Sozialleistungsbezieher.

Der heutige Beschluss des Bundesverfassungsgerichts zeigt erneut, dass das Asylbewerberleistungsgesetz verfassungswidrig ist“, erklärt Alexander Thal, Sprecher des Bayerischen Flüchtlingsrats. „Dennoch werden Geflüchtete durch dieses Sondergesetz weiterhin diskriminiert, sie bekommen fast 20% weniger Sozialleistungen als Hartz IV-Empfänger. Der einzig richtige Schritt kann nur sein: Das Asylbewerberleistungsgesetz muss sofort abgeschafft werden!