Stadt Nürnberg reißt Ehepaar auseinander

Ausländerbehörde Nürnberg will junge Iranerin trotz bestehender Ehe abschieben | Bayerischer Flüchtlingsrat: Das ist rechtswidrig!

Am Mittwoch, den 16. Juni 2021 steht die Polizei bei Leyla Z. und Navid S. in der Wohnung. Leyla soll in den Iran abgeschoben werden. Das junge Paar ist schockiert – die Abschiebung trifft sie völlig unvermittelt. Denn Leyla und Navid sind verheiratet. Im Oktober 2019 haben sie sich im Standesamt Nürnberg trauen lassen. Die Ehe ist grundrechtlich geschützt und steht unter dem besonderen Schutz des Staates. Navid ist anerkannter Flüchtling. Aufgrund seiner Konversion zum christlichen Glauben drohen ihm im Iran Strafverfolgung und gesellschaftlicher Ausschluss. In den Iran kann er nicht zurück. Auch Leyla ist Konvertitin, das junge Paar hat sich in der christlichen Kirchengemeinde kennen- und lieben gelernt. Im Mai 2019 hat sie sich christlich taufen lassen. Obwohl sie seit Jahren aktiv am Gemeindeleben teilnimmt, wurde ihr Asylantrag abgelehnt. Eine Abschiebung würde eine Trennung des Ehepaares auf unbestimmte Zeit bedeuten. Das ist grundgesetzwidrig.

Bereits am 22. Februar 2019 versuchte die Ausländerbehörde Nürnberg, einen Familienvater und Ehemann nach Äthiopien abzuschieben (Pressemitteilung des Bayerischen Flüchtlingsrats, 23.02.2019). Mit Verweis auf Art. 6 Grundgesetz stoppte das Bundesverfassungsgericht die Abschiebung in letzter Minute.

„Die Ausländerbehörde hat absolut nichts dazugelernt. Entweder benötigt sie einen dringenden Crashkurs in Verfassungsrecht oder der Behörde sind die Grundrechte zwar bekannt, aber sie nimmt sie nicht ganz so genau,“ kritisiert Johanna Böhm vom Bayerischen Flüchtlingsrat.

Im Februar hatte Gisa Tangermann, die Rechtsanwältin von Leyla Z., einen Antrag auf eine Duldung (Aussetzung der Abschiebung) gestellt. Denn wegen der grundrechtlich geschützten ehelichen Gemeinschaft darf Leyla nicht abgeschoben werden. Der Duldungsantrag wurde von der Ausländerbehörde Nürnberg am 04. Juni 2021 formlos abgelehnt.

Rechtsanwältin Gisa Tangermann sagt hierzu: „Die Behörde behauptet, keinen Spielraum zu haben und negiert (wider besseren Wissens?) den Duldungsgrund der verfassungsrechtlich besonders geschützten Ehe. Sie will auch keine Aufenthaltserlaubnis erteilen, sondern verlangt die Ausreise, um mit einem Visum für die Familienzusammenführung wieder einzureisen. Das Aufenthaltsgesetz beinhaltet aber auch die Möglichkeit, eine Aufenthaltserlaubnis ohne Visumsverfahren zu erteilen, um eine besondere Härte zu verhindern. In einer Situation, in der weltweit Auswirkungen der Pandemie die Regionen beuteln, die Behörden und Botschaften nicht durchgehend besetzt sind, dass Leben der jungen Christin im Heimatland gefährdet und eine Trennung der Familie nicht zumutbar ist, wäre es ohne weiteres möglich, eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen.“

Leylas Abschiebung ist am Flughafen München abgebrochen worden, da Leyla in ihrer Verzweiflung einen Suizidversuch unternahm. Zurzeit befindet sie sich in ärztlicher Behandlung, noch immer wird sie von Polizeibeamten vor der Zimmertür überwacht. „Wiederholt hat die Behörde den Boden der Menschlichkeit wie Rechtstaatlichkeit verlassen,“ so Johanna Böhm weiter. „Weder eine weltweite Pandemie, noch im Grundgesetz garantierte Rechte können die Ausländerbehörde Nürnberg in ihrem Abschiebewahn stoppen. Dieser Abschiebeversuch ist schlichtweg verfassungswidrig. Um das zu erkennen, braucht es keine komplexe juristische Debatte oder Diskussion über etwaige Handlungsspielräume. Schlichtes Lesen und Anwenden des Grundgesetzes hätte gereicht. Wir fordern eine Aufenthaltserlaubnis für Leyla, jetzt!“