Abschiebung statt Therapie

Rechtsstaat pervers: Junge Nürnbergerin soll nach Äthiopien abgeschoben werden

Einer jungen Nürnbergerin (22 Jahre) steht die Abschiebung kurz bevor: Sara A. hat den ersten Abschiebeversuch selbst verhindert, der Bayerische Flüchtlingsrat rechnet jedoch mit dem zweiten Versuch in den nächsten Tagen.

Sara wurde im Januar 1999 in Nürnberg geboren und ist hier aufgewachsen. Ihre Eltern stammen aus Äthiopien. Aufgrund des strikten Staatsangehörigkeitsrechts in Deutschland hatte sie nie die Möglichkeit, die deutsche Staatsbürgerschaft zu erlangen, sondern ist noch immer äthiopische Staatsangehörige.

Sara ist seit ihrem fünfzehnten Lebensjahr schwer suchtkrank und konsumiert Heroin. Mit dieser Suchterkrankung gehen eine Vielzahl von typischen Straftaten einher, darunter Kauf und Besitz von Betäubungsmitteln und Diebstahl, aber besonders häufig Hausfriedensbruch, da sie sich oft am Hauptbahnhof aufgehalten hat, für den sie jedoch ein Hausverbot hat.

Nach mehreren strafrechtlichen Verurteilungen wurde ihr von der Nürnberger Ausländerbehörde in einem Ausweisungsverfahren die Aufenthaltserlaubnis entzogen. Gegen diese Entscheidung klagte sie, das VG Ansbach wies die Klage jedoch im Oktober 2020 ab. Einen Asylantrag, den Sara im Anschluss stellte, lehnte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge als offensichtlich unbegründet ab, da Sara den Asylantrag nur gestellt habe, um die Abschiebung hinauszuzögern. Ein Eilantrag auf aufschiebende Wirkung bis zur Verhandlung der dagegen gerichteten Klage wies das VG Augsburg ab. Damit befindet sich Sara nun abschiebefertig in der JVA Aichach, wo sie derzeit eine Haftstrafe absitzt.

Rechtlich gesehen mag in diesem Fall alles korrekt sein, und dennoch ist die Abschiebung von Sara eine nicht hinnehmbare Sauerei. Sara wurde in Deutschland geboren und hier sozialisiert. Die schwere Suchterkrankung hat sie unter ihren Lebensumständen in Nürnberg entwickelt und nicht, weil sie Äthiopierin ist. Hätte Deutschland ein modernes Staatsangehörigkeitsrecht, hätte Sara längst die deutsche Staatsbürgerschaft. Sie müsste ihre Strafe absitzen und könnte anschließend in Therapie, die sie dringend benötigt. Stattdessen soll das Problem einer jungen Nürnbergerin nach Äthiopien entsorgt werden. Sara wird damit nicht nur mit Gefängnis für ihre Verfehlungen bestraft, sondern auch mit dem Entzug der Aufenthaltserlaubnis, mit der Verweigerung der Therapie und mit der Abschiebung in ein Land, in dem sie noch nie gelebt hat.

Wird Sara tatsächlich abgeschoben, droht ihr Gefahr für Leib und Leben. Sie hat keine Angehörigen in Äthiopien, die sie unterstützen könnten. Zwar ist ihr Vater vor 15 Jahren nach Äthiopien zurückgekehrt, zu ihm hat sie jedoch seit zehn Jahren keinen Kontakt und weiß nicht einmal, wo er sich aufhält. Außer ein paar Wortfetzen amharisch spricht Sara keine der in Äthiopien gesprochenen Sprachen. Sie hat keine Chance, ihren Lebensunterhalt dort zu bestreiten, geschweige denn, durch eine Therapie ihre Suchterkrankung zu überwinden. Zudem leidet Äthiopien unter gravierenden Versorgungsproblemen aufgrund einer seit Monaten währenden Heuschreckenplage und unter einem durch die Corona-Pandemie überlasteten Gesundheitssystem.

Was auch immer Sara in ihrem kurzen Leben angestellt hat, sie ist eine Nürnbergerin mit einer schweren Suchterkrankung, die dringend in Therapie gehört. Die drohende Abschiebung bringt sie hingegen in existenzielle Gefahr. Auch mit ihrem Leben darf nicht gespielt werden“, kritisiert Alexander Thal vom Bayerischen Flüchtlingsrat. „Wir fordern die Stadt Nürnberg und das bayerische Innenministerium auf, diese Abschiebung zu stoppen und Sara zunächst eine Therapie zu ermöglichen. Wenn sie diese erfolgreich abschließt, muss sie eine neue Chance auf ein Leben in ihrer Geburtsstadt Nürnberg bekommen!

Sara ergänzt: „Ich möchte nur die Chance kriegen, meine Therapie antreten zu dürfen, und danach endlich anfangen zu leben!