Migrationswende in Bayern heißt: Abbau von Menschenrechten

Zum heutigen Pressetermin des Bayerischen Innenministeriums kritisiert der Bayerische Flüchtlingsrat die präsentierten Maßnahmen und Narrative scharf. Von einer ‚Migrationswende‘ kann keine Rede sein – was wir erleben, ist eine Wende hin zu populistischer Stimmungsmache, rechtlichen Grauzonen und einem gefährlichen Abbau rechtsstaatlicher Prinzipien.

Die sinkenden Asylzahlen etwa, stehen in keinem nachweisbaren Zusammenhang mit der Bezahlkarte. Menschen fliehen nicht wegen Sozialleistungen, sondern vor Krieg, Verfolgung und existenzieller Not. Die Behauptung, die Bezahlkarte habe abschreckende Wirkung, ist ein längst widerlegtes Narrativ.

Auch die verstärkten Grenzkontrollen lösen keine Probleme. Sie führen vor allem zu Überstunden bei der Bundespolizei und zu rechtswidrigen Zurückweisungen. Menschen ohne Prüfung ihrer Schutzbedürftigkeit abzuweisen, verstößt gegen geltendes Recht – das ist gerichtlich bestätigt.

Noch alarmierender: Die GEAS-Reform und sogenannte Dublin‑ oder Rückführungszentren zeigen, wohin die Reise geht. Bayerns Pilotprojekt zur Schnellüberstellung von Asylbewerber:innen funktioniert quasi wie eine Haftanstalt ohne ausreichend rechtsstaatliche Begleitung.

Es ist schlicht unseriös, ausgerechnet die Bezahlkarte oder rechtswidrige Zurückweisungen als Erfolg zu verkaufen“, sagt Johanna Böhm vom Bayerischen Flüchtlingsrat. „Beides wirkt allenfalls als Schikane – nicht als Steuerungsinstrument. Dass diese Lüge immer wieder politisch verwertet wird, ist beschämend. Wenn demokratisch gewählte Regierungen bewusst Rechtsbrüche in Kauf nehmen oder schutzsuchende Menschen wegsperren, weil es politisch gerade passt, ist das nicht nur verantwortungslos, sondern höchst riskant. Wer Menschenrechte taktisch einsetzt, schwächt den Rechtsstaat..“

Statt konstruktiver Migrationspolitik erleben wir eine Politik der Abschottung. Mit Blick auf den vor knapp zwei Wochen stattfinden Migrationsgipfel, möchte Innenmininister Dobrindt, dass Deutschland die Liste der europäischen Hardliner anführt. Im Beratungsalltag erleben wir täglich, wie sich die autoritärer werdende Abschottungspolitik zunehmend auswirkt: Pflegekräfte werden abgeschoben, Schulkinder aus Klassenzimmern geholt, Menschen mit Ausbildungsverträgen oder Jobs dürfen nicht arbeiten oder Familien über Jahre getrennt.

Menschenrechtskonforme Lösungen liegen auf der Hand: Fluchtursachen bekämpfen, Arbeitsmigration erleichtern und sichere Fluchtwege schaffen“, so Böhm weiter. „Doch davon ist nichts zu sehen. Menschen, die Schutz suchen, müssen geschützt werden – das muss zivilisatorischer Grundkonsens sein, gerade in Deutschland. Wer diesen Grundsatz aufgibt, handelt nicht pragmatisch, sondern gefährlich.“