Versorgung mit WLAN in bayerischen Asylunterkünften nur schleppend

Bayerisches Vergabeverfahren für Beratung zur Einrichtung von Internetverbindungen in Asylunterkünften | keine flächendeckende Internetversorgung in Sicht

Im 21. Infobrief für alle haupt- und ehrenamtlich Tätigen im Bereich Asyl und Integration vom 9.7.21 gibt das bayerische Staatsministerium des Inneren den Ausgang des Vergabeverfahrens bekannt: den Zuschlag bekommt die Münchner Firma Wicontec GmbH. Zur Aufgabe gehört die Beratung aller relevanten Akteur:innen vor Ort, die für Umsetzung, Einrichtung und Betreiben der Internetanschlüsse in Asylunterkünften eine Rolle spielen.

Diese Arbeit haben bislang ehrenamtliche Strukturen, wie z.B. der gemeinnützige Verein Refugees Online e.V. geleistet. Seit sieben Jahren hat es sich der Verein zur Aufgabe gemacht, bayerische Asylunterkünfte mit Internet zu versorgen. Dabei müssen an vielen Orten zunächst einmal die technischen Grundvoraussetzungen geschaffen werden. In Unterkünften ohne Kabelanschluss etwa braucht es individuelle Lösungen wie Funk- oder Satellitenverbindungen. Über die Jahre hat sich Refugees Online Know-how und ein breites Unterstützer:innen-Netzwerk aufgebaut. Der Verein nahm ebenfalls am Vergabeverfahren teil, wurde aber nicht berücksichtigt.

„Im Vergabeverfahren sind nur wirtschaftliche Aspekte gewürdigt worden. Unsere bisherige Erfahrung, Engagement, Arbeit und bayernweite Kontakte zu den verschiedenen Akteur:innen, die wir im Lauf der Zeit und unseren circa 250 abgewickelten Projekt machen konnte, blieben völlig außer Acht“, kritisiert Volker Werbus, Vorstand bei Refugees Online e.V. „Unser Ziel ist die flächendeckende Versorgung mit WLAN in bayerischen Asylunterkünften. Seit Jahren verfolgen wir dieses Ziel mit unserer ehrenamtlichen Arbeit. Wir sind sehr enttäuscht, dass unsere bisherige Arbeit im Vergabeverfahren nicht berücksichtigt wurde. Nun bekam ein privatwirtschaftliches Unternehmen und nicht unser gemeinnütziger Verein den Zuschlag. Diese Entscheidung ist weder nachhaltig, noch im Sinne der Steuerzahler. Eine finanzielle Unterstützung von ehrenamtlichem Engagement scheint keine Priorität zu genießen.“.

„Im Jahr 2021, im Zeitalter der Digitalisierung, sollte eine funktionierende Internetverbindung selbstverständlich sein. Diese ist für alle Geflüchteten wichtig: Kontakt ins Herkunftsland, Übersetzungssoftware oder Informationen zu Integrationsmöglichkeiten sind nur wenige Beispiele. Hinzu kommt in Zeiten von Corona der Kontakt mit Behörden, Homeschooling et cetera.“, fügt David Förster vom Bayerischen Flüchtlingsrat hinzu.

Das Vergabeverfahren hat zum Ergebnis, dass sich Verwaltung und Ehrenamtliche nun über Möglichkeiten der Interneteinrichtung beraten lassen können; die konkrete Umsetzung und insbesondere der Betrieb stehen auf einem ganz anderen Papier.

„In seiner Antwort auf eine Anfrage der Grünen im bayerischen Landtag bekräftigt Innenminister Herrmann, dass die Ertüchtigung der technischen Voraussetzungen so schnell wie möglich erfolgen soll. Praktische Vorgaben oder gar Fristen, bis wann die Verwaltungen diese einzurichten haben gibt es allerdings nicht“, so Förster weiter. „Trotz Vergabeverfahrens bleibt es beim Alten: die Unterkunftsverwaltungen, die sich nicht um einen Internetanschluss für die Bewohner:innen bemühen, haben nun ein Beratungsangebot, an das sie sich wenden können – proaktiv wird nicht auf sie zugegangen. Es braucht also auch weiterhin engagierte Ehrenamtliche, die sich für die Belange der Geflüchteten einsetzen. Wo diese aus welchen Gründen auch immer nicht vor Ort sind, sieht es also schlecht aus mit einer baldigen Umsetzung des WLAN-Ausbaus.“