Alleinstehende Frau aus Nürnberg soll in den Iran abgeschoben werden

67-jährige von häuslicher Gewalt betroffene Frau in Abschiebehaft | Bayerischer Flüchtlingsrat fordert Stopp der Abschiebung

In den frühen Morgenstunden des 4. Juni 2025 steht die Polizei im Zimmer der 67-jährigen Frau B. aus Nürnberg. Die Iranerin soll am kommenden Mittwoch abgeschoben werden. Um die Abschiebung sicherzustellen, wird Frau B. in Ausreisegewahrsam in der Abschiebehaft Hof genommen.

Seit dem Auslaufen des Abschiebestopps Ende 2023 finden in Einzelfällen wieder Abschiebungen in den Iran statt. An der Situation im Iran hat sich allerdings nicht viel geändert. Schwerwiegende Menschenrechtsverletzungen sind weiterhin an der Tagesordnung, wobei insbesondere Frauen durch strukturelle Gewalt und politische Repression massive Bedrohungen erleben.

Im Falle einer Abschiebung drohen Frau B. erhebliche Gefahren für Leib und Leben. Sie ist bereits im Iran Opfer häuslicher Gewalt durch ihren Ex-Mann* geworden, der sich weiterhin dort aufhält. Heute teilte die Familie mit, dass der Ex-Mann von der bevorstehenden Abschiebung erfahren hat und einem anderen Familienmitglied gegenüber erneut Todesdrohungen gegen Frau B. ausgesprochen hat. Zudem kann Frau B. auf kein familiäres Schutz- und Versorgungssystem im Iran zurückgreifen, da ihre Familie fast komplett in Deutschland lebt.

Vor 14 Jahren ist sie vor ihrem gewalttätigen Ehemann geflohen, mit der Hoffnung darauf in Deutschland bei ihren Geschwistern Frieden zu finden“, erzählt eine Nichte der Frau B. „Nun soll sie abgeschoben werden, zurück in ein Land, das keine Heimat ist. Ihr Leben ist hier: ihr Sohn, ihre Enkel, ihre Geschwister und ihre Nichten und Neffen – die ganze Familie.

Seit 2013 versucht Frau B., ihre Verfolgungsgründe vor dem BAMF geltend zu machen – bis zuletzt erfolglos. Frau B. leidet unter psychischen und körperlichen Erkrankungen, darunter eine mittelschwere Depression. Entsprechende Atteste wurden bei den zuständigen Behörden eingereicht, erfüllen jedoch nicht die hohen gesetzlichen Anforderungen – und bleiben daher, trotz der ärztlich und therapeutisch gestellten Diagnosen, unberücksichtigt.

Auch andere Aufenthaltstitel wurden ihr verwehrt, weil Frau B. 2019 wegen Passlosigkeit und unerlaubtem Aufenthalts zu einer 3-jährigen Bewährungsstrafe verurteilt wurde. Häufig werden solche Strafverfahren gegen Geflüchtete von den Amtsgerichten eingestellt. Die Beschaffung iranischer Identitätsdokumente gilt oftmals als unzumutbar, insbesondere da der iranische Staat für die Ausstellung von Passpapieren die Abgabe einer Freiwilligkeits- und Reueerklärung verlangt. Frau B. allerdings hat gegen den Strafbefehl keinen Widerspruch eingelegt, da sie die hohe finanzielle Belastung fürchtete. Nun gilt sie in Deutschland als Straftäterin.

Bayerische Behörden konstruieren eine sogenannte Straftäterin, um sie bedenkenlos abzuschieben. Es ist ein Skandal, dass Bayern eine von Gewalt betroffene Frau in ein Land abschiebt, das selbst systematische Gewalt gegen Frauen ausübt“, kritisiert Johanna Böhm vom Bayerischen Flüchtlingsrat. „Frau B. wäre erneut der Gewalt ihres Ex-Mannes ausgesetzt – mit potenziell tödlichen Folgen. Geschlechtsspezifische Gewalt wird in vielen Fällen immer noch nicht ernst genommen. Das muss sich endlich ändern. Frau B. darf nicht abgeschoben werden!“

*Frau B. konnte sich bislang nicht von ihrem Mann scheiden lassen, weil im Iran der Mann zustimmen muss. Rechtlich gilt Frau B.mit dem Mann im Iran noch als verheiratet.