Unterbringen und Wohnen

Die Abkürzung ANKER steht für „Ankunft, kommunale Verteilung, Entscheidung und Rückführung“ (Koalitionsvertrag 2018). In Bayern wurden diese Unterkünfte am 1. August 2018 eingeführt. Anders als oft angenommen, sind nicht nur Geflüchtete mit schlechter Bleibeperspektive dort untergebracht: Alle Asylsuchenden müssen monate- bis jahrelang in Sammelunterkünften leben – unabhängig vom Verfahrensstatus. Bis zu 1000 Personen teilen sich Mehrbettzimmer, sanitäre Anlagen und Gemeinschaftsräume. Privatsphäre gibt es kaum, Zimmer werden regelmäßig durchsucht, Alltagsgegenstände wie Wasserkocher oder Haartrockner sind verboten. Kinder besuchen meist keine Regelschulen, Kinderbetreuung ist kaum vorhanden. Residenzpflicht, Sachleistungen und eingeschränkte medizinische Versorgung nehmen den Menschen Selbstbestimmung. Besuche sind erschwert, Arbeit ist anfangs verboten, und nächtliche Abschiebungen lösen Angst und Retraumatisierungen aus.

Aktuell gibt es in Bayern rund 30 Standorte. Offiziell sollen ANKER-Zentren durch die Bündelung von Behörden das Asylverfahren beschleunigen. Tatsächlich leidet jedoch die Qualität: Geflüchtete erhalten kaum Beratung, Verfahren müssen oft von Gerichten überprüft werden, was die Aufenthaltsdauer verlängert. Auch die Zentralisierung greift ins Leere, da viele Dependancen weit entfernt liegen.

Die CSU und Innenminister Seehofer propagieren das Modell als Erfolg, bundesweit wurde es jedoch kaum übernommen. Ähnliche Sonderlager gab es in Bayern schon zuvor – immer wieder verbunden mit dem Abbau von Grundrechten. Neu ist das Konzept also nicht, und die Ziele werden verfehlt.

Menschenrechtsorganisationen, Wohlfahrtsverbände, Anwält:innen, Ärzt:innen, Kinderpsycholog:innen und Ehrenamtliche kritisieren die Isolation und die menschenunwürdigen Bedingungen scharf.

Mehr Informationen und Forderungen finden sich im Positionspapier des Bayerischen Flüchtlingsrats sowie in der Wanderausstellung zum Thema ANKER-Zentren.

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Geflüchtete in Bayern sind verpflichtet in Sammellagern zu leben. Nach der Ankunft werden sie in ANKER-Zentren untergebracht, im Anschluss daran folgt die Unterbringung in Gemeinschaftsunterkünften. Nur wer vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge anerkannt wird, darf aus den Lagern ausziehen, alle anderen, ob im Asylverfahren oder mit Duldung, müssen dort wohnen bleiben.

Gestützt wird dieses Lagerregime auf das Bayerische Aufnahmegesetz und die zugehörige Durchführungsverordnung (DV Asyl). Auch die Unterkunftsgebühren in Fantasiehöhe sind dort geregelt.

Hier finden sie Informationen zur Unterbringung in BAyern, zu den Unterkunftsgebühren und was zu unternehmen ist, wenn mehrere Jahre zurückreichende Gebührenbescheide eintreffen.

Der Bayerische Flüchtlingsrat fordert das Recht für alle Geflüchtete, sich so schnell wie möglich eine Wohnung zu suchen und aus den Lagern auszuziehen. Eine Unterbringung soll nur zur Vermeidung von drohender Obdachlosigkeit erfolgen!

Hier finden Sie Materialien zu ANKER-Zentren.

Seit August 2018 brüstet sich Bayern mit der landesweiten Etablierung der so genannten ANKER-Zentren. Aber was hat es damit wirklich auf sich? Wer lebt dort und unter welchen Umständen? Mit welchen Problemen haben Geflüchtete in ANKER-Zentren zu kämpfen und wie lange müssen sie dort bleiben? In 15 Aufstellern informiert die ANKER-Wanderausstellung des Bayerischen Flüchtligsrats über diese und weitere Fragen zu bayerischen ANKER-Zentren. Diese kann an Interessierte verliehen werden.

Bei Interesse an unserer Ausstellung schreiben Sie bitte eine E-Mail an sauer(at)fluechtlingsrat-bayern.de oder wenden Sie sich telefonisch an das Büro Nordbayern. Es ist auch möglich, eine gemeinsame Aktion oder Veranstaltung im Rahmen der Ausstellung zu planen.

In einem Bericht, den ECRE (Europen Council on Refugees and Exiles) am 26. April 2019 veröffentlicht hat, werden die Erkenntnisse aus der Lager-Tour vom 1. bis 5. April 2019 durch die bayerischen ANKER-Zentren präsentiert. In dem Bericht wird das ANKER-Modell analysiert, welches seit 2018 in Bayern umgesetzt wird. Ein aufschlussreicher und detailreicher Bericht in englischer Sprache.

Am 26.09.2019 fand im bayerischen Landtag eine Sachverständigenanhörung zu den bayerischen ANKER-Zentren statt. Lediglich BAMF-Präsident Sommer und die CSU verteidigten die großen Sammellager. Die Mehrheit der geladenen Expert*innen kritisierte die Situation in den Lagern scharf, sie sind menschenunwürdig, stellen eine strukturelle Gefährdung des Kindeswohls dar und behindern eine sachgerechte Durchführung der Asylverfahren.

Die Stellungnahmen der Expert*innen im bayerischen Landtag:
Katharina Grote, Bayerischer Flüchtlingsrat
Anna Lobkowicz, Malteser Werke gGmbH
Dr. Hans-Eckhard Sommer, Bundesamt für Migration und Flüchtlinge
Prof. Dr. Michael Wrase, Stiftung Universität Hildesheim
Hubert Heinhold, Rechtsanwalt
Prof. Dr. Dr. h.c. Kay Hailbronner, Universität Konstanz

Beschränkung der Verweildauer von Familien mit minderjährigen Kindern auf längstens sechs Monaten – Verbindliche Umsetzung der Erkenntnisse aus der Anhörung „ANKER-Einrichtungen in Bayern“ des Ausschusses für Verfassung, Recht, Parlamentsfragen und Integration am 26.09.2019 (I) (Antrag von Grünen, SPD und FDP, 25.10.2019)
Vom Staat unabhängige Verfahrens- und Rechtsberatung – Verbindliche Umsetzung der Erkenntnisse aus der Anhörung „ANKER-Einrichtungen in Bayern“ des Ausschusses für Verfassung, Recht, Parlamentsfragen und Integration am 26.09.2019 (II) (Antrag von Grünen, SPD und FDP, 25.10.2019)
Umsetzung völker- und unionsrechtlicher Vorgaben zur Beschulung minderjähriger Kinder von Asylsuchenden und von minderjährigen Asylsuchenden – Verbindliche Umsetzung der Erkenntnisse aus der Anhörung „ANKER-Einrichtungen in Bayern“ des Ausschusses für Verfassung, Recht, Parlamentsfragen und Integration am 26.09.2019 (III) (Antrag von Grünen, SPD und FDP, 25.10.2019)
Umsetzung völker- und unionsrechtlicher Vorgaben für schutzbedürftige Personen – Verbindliche Umsetzung der Erkenntnisse aus der Anhörung „ANKER-Einrichtungen in Bayern“ des Ausschusses für Verfassung, Recht, Parlamentsfragen und Integration am 26.09.2019 (IV) (Antrag von Grünen, SPD und FDP, 25.10.2019)
Sicherheitsdienste in Flüchtlingsunterkünften in Bayern (Antrag der Grünen, 10.10.2019)

ANKER-Einrichtungen in Bayern IX (Anfrage der Grünen, 27.09.2019)
ANKER-Einrichtungen in Bayern VIII (Anfrage der Grünen, 27.09.2019)
ANKER-Einrichtungen in Bayern VII (Anfrage der Grünen, 27.09.2019)
ANKER-Einrichtungen in Bayern VI (Anfrage der Grünen, 30.08.2019)
Situation von geflüchteten LGBTIQ*-Menschen in bayerischen Asylbewerberunterkünften und ANKER-Zentren (Anfrage der Grünen, 30.08.2019)
ANKER-Einrichtungen in Bayern V (Anfrage der Grünen, 19.08.2019)
ANKER-Einrichtungen in Bayern IV (Anfrage der Grünen, 19.08.2019)
ANKER-Einrichtungen in Bayern III (Anfrage der Grünen, 19.08.2019)
ANKER-Einrichtungen in Bayern II (Anfrage der Grünen, 19.08.2019)
ANKER-Einrichtungen in Bayern I (Anfrage der Grünen, 19.08.2019)
Personal und Bewohner der Aufnahmeeinrichtung Oberfranken sowie der Transitzentren Manching, Deggendorf und Regensburg (Anfrage der Grünen, 20.07.2018)
Brandkatastrophe am 16.11.2017 in Bamberg und Brandschutzkonzepte der Aufnahmeeinrichtungen (Anfrage der Grünen, 02.03.2018)
Abschiebung der Mutter der Familie B. und ihrer drei Kinder aus dem Transitzentrum Manching/Ingolstadt (Anfrage der Grünen, 03.01.2018)
Ankunftszentren und Transitzentren (Anfrage der Grünen, 18.10.2017)
Familientrennung bei Abschiebungen aus dem Abschiebelager Manching/Ingolstadt (Anfrage der Grünen, 01.09.2017)
Kriterien der Unterbringungen von Asylbewerberinnen und -bewerbern in Manching und Bamberg 2016 II (Anfrage der Grünen, 11.05.2017)
Kriterien der Unterbringungen von Asylbewerberinnen und Asylbewerber in Manching und Bamberg 2016 I (Anfrage der Grünen, 09.05.2017)
Auslastung und Ziel der Aufnahme- und Rückführungseinrichtungen (Anfrage der Grünen, 20.05.2016)
Aufnahmeeinrichtungen für Asylbewerberinnen und Asylbewerber mit geringer Bleibewahrscheinlichkeit (Anfrage der Grünen, 04.11.2015)

Eine große Anzahl der Menschen, die in ANKER-Zentren leben müssen, fällt unter die so genannte Dublin III-Verordnung. Das heißt kurz gesagt, dass derjenige europäische Staat für die Durchführung des Asylantrages der jeweiligen Person zuständig is, wo erstmals europäischer Boden betreten wurde. Eine ausführliche Zusammenstellung gibt es bei Pro Asyl.

Hier finden Sie Stellungnahmen und Informationen zur Asylverfahrensberatung in ANKER-Zentren:

Stellungnahme der Bundesrechtsanwaltskammer zum Thema „Sicherstellung der Inanspruchnahme unabhängiger rechtlicher Beratung und Vertretung in AnkER-Zentren“ (Oktober 2018)

Gesamtkonzeption und Dienstanweisung Asylverfahrensberatung (AVB) des BAMF (November 2019)